Wahlprüfsteine der Griechenland-Solidarität Saarbrücken zur Europawahl 2019
Griechenland
1. Um die Gemeinschaftswährung zu stabilisieren und die Vermögen insbesondere deutscher und französische Banken und Lebensversicherer zu retten, wurden seit 2010 mehrere Strukturanpassungsprogramme für Griechenland vereinbart. In Folge dieser Strukturprogramme ist die Arbeitslosenquote in Griechenland auf über 20 Prozent gestiegen, die Staatsverschuldung ist von 127 Prozent des BIP (2009) auf 180 Prozent (2017) gestiegen, Teile der griechischen Infrastruktur gingen verloren.
Wie beurteilen Sie diese Politik?
2. Die Finanzkrise der Jahre 2007ff versetzte insbesondere kleinere Mitglieder der Euro-Zone in eine Notlage, aus der sie sich ohne eigene Währung nicht selbstständig befreien konnten. Die EU unter maßgeblicher Beteiligung der Bundesregierung nutzte diese Notlage zur Durchsetzung einer Austeritätspolitik (etwa Kürzung von Löhnen und Sozialleistungen, Verlust von Streikrechten, Schwächung von Gewerk-schaften) mit den bekannten negativen Folgen: Arbeitslosigkeit, Schulden, Rezession, Menschen verlieren ihre Wohnung.
Sehen Sie eine Möglichkeit Euro-Länder vor schädlichen Interventionen dieser Art zu schützen?
Europäische Zentralbank (EZB)
3. Auf den Versuch der gewählten griechischen Syriza-Regierung, die Folgen von Krise und Strukturanpassungsprogrammen abzumildern, antwortete die EZB 2015 mit einer Blockade des griechischen Kreditgeschäftes, normale Bankgeschäfte waren kurzfristig nicht mehr möglich. Die EZB verstieß damit gegen ihr Mandat als oberste Notenbank des Eurosystems zu fungieren und „das reibungslose Funktionieren der Zahlungssysteme zu fördern“ (Art. 127 AEUV).
Unterstützen Sie unsere Forderung, dass die EZB allen Euro-Ländern gleichermaßen als Notenbank dienen und ihrer Funktion als „Lender of Last Resort“ bedingungslos nachkommen sollte?
Wirtschafts- und Fiskalpolitik
4. Der Fiskalpakt steht als völkerrechtlicher Vertrag außerhalb des Unionsrechts, greift aber dennoch darin ein. Seine Ausgestaltung steht Investitionen entgegen, Finan-zierungsprobleme werden einseitig zu Ausgabenproblemen gemacht.
Was schlagen Sie vor, um die Defizite des Fiskalpaktes zu beheben?
Sicherheitspolitik
5. Die Verhinderung von Kriegen war bisher ein wesentliches Argument zugunsten der europäischen Integration. Tatsächlich beteiligten sich zahlreiche EU-Staaten am Jugoslawienkrieg sowie am Irakkrieg und trugen die Bombardierung Libyens mit, sind die Rüstungsexporte der EU-Mitgliedstaaten insgesamt kaum geringer als jene der USA oder Russlands. Globale Wirtschafts- und Militärpolitik greifen in der aktuellen „Globalstrategie“ der EU (2016) ineinander. Rohstoffsicherung ist ein Motiv der EU-Auslandseinsätze wie etwa am Horn von Afrika, in Tschad oder Kongo. Auch Maßnahmen gegen Terrorismus und die sogenannte Flüchtlingsbekämpfung treiben die Militarisierung voran.
Wie stehen Sie zum „Friedensprojekt EU“ und unterstützen Sie eine engere Einbindung der EU in das multilaterale Institutionengeflecht von UNO und OSZE? Sollte konventionelle und nukleare Abrüstung ein Ziel der EU sein?
Demokratie
6. Die europäischen Verträge und ihre Auslegung durch den EuGH legen die EU auf eine wettbewerbsgesteuerte Marktordnung fest. Dabei scheinen die Regeln des Binnenmarktes den demokratischen Werten der EU (Art. 2 EUV) sowie dem Ziel, das Wohlergehen ihrer Völker zu fördern (Art. 3 EUV) häufig entgegenzustehen. Insbesondere befinden sich die Mitgliedstaaten hinsichtlich ihrer Arbeits- und Sozialstandards in einem Unterbietungswettbewerb.
Halten Sie eine Reform der europäischen Verträge für zielführend? In welchem Verhältnis sollten Ihrer Auffassung nach die vier Grundfreiheiten und das Wettbewerbsrecht zu den demokratischen und sozialen Besitzständen Europas stehen?